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50 cent

geschrieben am 21. September 2007 um 14:29 Uhr

Nicht, dass ich ein Wahnsinnsfaible im Bereich der Kuscheltiervermehrung in unserem Haushalt haette, das ist es nicht.
Aber wir sind Hardcore-Flohmarkt-Gaenger und da kann es durchaus mal passieren, das einem das eine oder andere foermlich unter die Finger kommt.
Speziell Schaafe.
Man hat ja durchaus schon einen geschaerften Blick entwickelt, was sich da alles so in hinter Unmengen an Haushaltsgegenstaenden in Bananenkisten verbirgt.
Nicht, dass ich sie erwerben moechte, aber es passiert doch immer wieder.

Wer kennt das nicht, eigentlich sucht man ja ganz was anderes (Kaffeemuehlen, Waescheknoepfe -die alten, weil daheim scheinbar subversive Waescheknoepfe den Vertrag mit den Bettbezuegen kuendigen und sich ins Nichts aufmachen)…und dann…da ist doch was…was flauschiges…
Nein, nicht schon wieder.
Doch.
Da sitzt es.
Zwischen Suppentellern eingequetscht, ein Beinchen in einem alten Sektglas, schaut es mich ungluecklich aus seinen gruenen Glasaugen an und versucht mir leise zuzufluestern:
”Nimm mich mit, los, nimm mich doch mit”.
Langsam erweicht das unterschwellige Flehen meine Gehirnwindungen (kann auch die Sonne sein, die mir gnadenlos aufs Haupthaar brennt) und ich greife wie von fremder Hand gesteuert in die Kiste, um es zu befreien.
Die Welt versinkt um mich herum, Kindheitserinnerungen werden wach.
Es ist genau eines dieser Schaafe, die man von frueher her kennt und heute den Normstandards fuer Kinderspielzeuge in keinster Weise mehr gerecht werden wuerden (cave: verschluckbare Kleinteile).
Und schlimm sieht es aus.
Ein Ohr ist nur noch notduerftig mit dem Koerper verbunden, am Bauch befindet sich eine riesengrosse “Narbe”, die entfernt an eine aufwendige Herz-OP erinnert und der Schmutz von ettlichen kleinen Kinderhaenden klebt daran.
Egal.
Ich muss es haben.
Nach genauer Inspektion entspanne ich mich, es ist keines dieser gepiercten “Knopfschaafe”, denen die Besitzer eine voellig schwachsinnige ueberzogene Gewinnmaximierung zusprechen.
Es ist nur ein altes Schaaf.
Vermutlich da der Besitzer auch schwer taetowiert ist und in mir eine Verbuendete gegen das System zu erkennen glaubt, kostet es nicht 30, nicht 20, auch nicht 10 Euronen, sondern ganze 50 cent.

Und nun wohnt es auch hier, zusammen mit den ganzen anderen Abgestuerzten, Flauschigen, Ausgestossenen, Abgeliebten der Gesellschaft und versuesst mir mit dem Blick in seine quietschgruenen Glasaugen den Tag.
(…und ich ertappe mich durchaus, ihm ein paar gedankliche Fragen zu stellen, so von wegen:
”Na, Schaaf, wie waren die letzten 50 Jahre?”)

Hier mal ein Bild:
img_3244.jpg
Und einen Namen hat es jetzt auch: 50 cent